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Sterbefasten

-----------Hospizgruppe Deizisau und Altbach mit Johanniterstift Plochingen:


Unsere Mutter trinkt nicht mehr!“ – Selbstbestimmtes Sterben durch Verzicht auf Nahrung (Teil 1)

Dieses Thema stand im Mittelpunkt der Fort- und Weiterbildung unserer Hospizgruppe. Wir glauben, es ist von allgemeinem Interesse. Mancher pflegende Angehöriger hat doch dies schon erlebt: Trotz liebevoller Essensgabe an die alt- und krankgewordene Mutter oder den gebrechlichen Vater wird der Mund fest zugepresst oder der Schnabelbecher unwirsch beiseitegeschoben. Dahinter steht in der Regel der Wunsch: „Ich will nicht mehr leben“. Sterbefasten nennt dies die Hospizbewegung. Ein solcher freiwilliger Verzicht auf Nahrung – bei Naturvölkern selbstverständlich – ist inzwischen auch bei uns im europäischen Raum immer häufiger zu beobachten.
Ein solches Sterbefasten, wird es vom Sterbenden durchgehalten, dauert durchschnittlich etwa 14 Tage bis es zum Tode führt. Werden die ersten 4 bis 5 Tage überstanden, ohne dass der Sterbenswillige einen Rückzieher macht, bewirken die dann freigesetzten Endorphine eine gewisse Seligkeit des Gemüts. Der Sterbende empfindet die Austrocknung seines Körpers nicht als qualvollen Durst, das Fehlen von fester Nahrung nicht als bohrendes Hungergefühl. Sterbefasten, so haben empirische Studien ergeben, ist kein leidvolles Sterben, sondern vielmehr ein Dämmerzustand, der in der Regel mit Herzversagen im Schlaf endet. Er wird gewählt von Hochbetagten mit erheblichem Sterbewunsch. Der Begleiter, Angehörige, Hospizmitarbeitende oder Hausarzt sorgt während des Fastens für die notwendige Hygiene, vor allem des Mundes und der Schleimhäute, aber auch Lippen- und Nasenpflege.
Auf die rechtlichen und ethischen Probleme eines solchen Suizids im Sterbeprozess wollen wir im 2. Teil hinweisen. 
Hospizgruppe Deizisau und Altbach mit Johanniterstift Plochingen:


Unsere Mutter trinkt nicht mehr!“ – Selbstbestimmtes Sterben durch Verzicht auf Nahrung (Teil 2)

Sterbefasten, ursprünglich ein Phänomen bei Naturvölkern, ist inzwischen auch bei uns weit verbreitet bei Hochbetagten. 62 % der Hausärzte haben in den letzten 5 Jahren einen Menschen beim Sterbefasten begleitet, 21 % haben bis zu 5 Personen begleitet. Wie kann das sein, ist doch Suizid und Hilfe beim Suizid in Deutschland strafbar? Hier braucht sich kein Begleiter, schon gar kein Angehöriger Sorgen machen. Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen aktivem Suizid (strafbar) und passivem Suizid (nicht strafbar). Die Passivität des Sterbefastens ist eindeutig und wird für Sterbende und auch für deren Begleiter als solche juristisch gehandhabt (nicht strafbar). Allerdings darf der Begleiter diese nicht geschäftsmäßig betreiben und der Wille des Sterbenden muss eindeutig dargestellt sein, entweder durch eindeutige Mimik und Gesten (implizierte Form) oder im Rahmen einer niedergeschriebenen Patientenverfügung (explizite Form).
Wie steht es mit der ethischen Fragestellung? Als Christ greife ich doch meinem Herrgott ins Handwerk? Gott ruft ins Leben und er ruft ab! In der Hospizgruppe Deizisau und Altbach mit Johanniterstift Plochingen waren 2 Meinungen vorherrschend: Der Mensch ist das Geschöpf Gottes, das zur Freiheit berufen ist. Die freie Entscheidung Hochbetagter und schwer Erkrankter ist deshalb zu berücksichtigen. Und das zweite nicht religiöse Argument für das Recht auf Sterbefasten war das unbestrittene Recht auf Selbstbestimmung als humane Entwicklung der Menschheit. Dieses Argument schließt Menschen vom Sterbefasten aus, deren Selbstbestimmung eingeschränkt ist oder schwankend in ihrer Entscheidung.
Hospizgruppe Deizisau und Altbach mit Johanniterstift Plochingen:

Wichtig für die Hospizgruppe war, dass das Sterben beim Sterbefasten durchweg friedlich und ruhig beschrieben worden ist.